Mit Papageien leben

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Papagei, Mensch und Vertrauen

von Ina Emser-Rinck

Ein wichtiger Aspekt in der Papageienhaltung ist das Vertrauen zwischen Mensch und Tier. Wie allen Papageienhaltern passierten auch mir Fehler im Umgang mit meinen Papageien und oftmals wunderte ich mich, wo ein unerwünschtes Verhalten meiner Vögel herkam.

Ich beschäftigte mich intensiver mit dem Verhalten meiner Vögel, beschäftigte mich konzentriert mit ihrer Körpersprache und versuchte, sie durch einen anderen Blickwinkel zu verstehen. Es dauerte recht lange, bis mir das wirklich bei allen gelang. Heute weiß ich, dass mein „Punktekonto“ bei meinen Vögeln ständig ins Minus wandern musste, ohne dass es mir damals bewusst war.

Jeder Vogel ist individuell und sein Verhalten rührt aus seinen Erfahrungen, die er in seinem Leben machen musste oder eben noch nicht machte. Was ich lernen musste, dem Vogel die Wahl zu lassen, was und wie er etwas lernen oder überhaupt tun wollte. Positiv soll es für den Vogel sein, Spaß sollte es ihm machen, er bestimmt, was er möchte und was nicht. Oftmals wurde ich enttäuscht, ich bekam durch die Körpersprache und ihr Verhalten gezeigt, dass nicht alles gut war, so wie ich es in meinem menschlichen Denken gemeint hatte. Geduld war angesagt, was so gar nicht meine Stärke war.

Die Frage Aviator stellte sich mir nach meinen eigenen Erkenntnissen nicht, weil ich bei Verwendung des Aviators dem Vogel eben nicht die Wahl hätte lassen können. Meine Aras sind sehr geduldige und gutmütige Tiere und hätten mit Sicherheit das alles über sich ergehen lassen, aber nur zu einem für mich sehr hohen Preis. Ich hätte das Vertrauen der Tiere verspielt, das mir doch so wichtig war. Aber ich wollte meine Papageien trotzdem gesundheitlich fördern. So entschlossen wir uns, eine geräumige Außenvoliere zu bauen, wo sie sich ganztägig und das ganze Jahr über aufhalten konnten. Ich beobachtete sie darin stundenlang, wie sie ihre Umgebung kennen lernten, wie sie mit ihr Kontakt aufnahmen, wie beschäftigt sie damit waren, überhaupt die Außenreize aufzunehmen.

Vertrauen
Vertrauen

Jetzt habe ich meine Vögel nicht nur, um sie anzuschauen, sie sollen doch auch eine Bereicherung für uns  sein (und wir für die Vögel). Es sind für uns Familienmitglieder und ein harmonisches Miteinander ist dabei enorm wichtig. So begann ich mit Training, mit Dingen, die den Vögeln Spaß machen und eine stressfreie Haltung fördern, z. B. auf Zuruf auf meinen Arm kommen (Rückruftraining), auch wieder absteigen, wann ich es will, stressfrei in eine Transportbox gehen, wenn ein Tierarztbesuch wieder notwendig wird, usw. Ich wollte keine Clowns aus ihnen machen, sondern wirklich nur sinnvolle Dinge mit ihnen erlernen. Und ich musste erkennen, dass eine geistige Förderung der Vögel auch enorm wichtig ist für ihr Wohlergehen. Dauerhaft positive Ergebnisse kann man aber auch nur erzielen, wenn der Vogel Spaß daran hat, sonst hat man langfristig nicht wirklich Erfolg.

Heute haben meine Vögel und ich ein Urvertrauen zueinander entwickelt, eine ganz harmonische Beziehung haben wir uns gemeinsam aufgebaut. Wir verstehen uns, dazu sind sie physisch und psychisch kerngesund. Es kann so einfach sein, wenn man die Körpersprache beachtet und eben den Vögeln die Wahl lässt.

Deshalb von mir ein klares Nein zum Aviator. Ich halte ihn wegen der geschriebenen Erfahrungen für den falschen Weg in der Papageienhaltung und mit diesem Teil kommen wir immer mehr von der angestrebten artgerechten Haltung weg. Die Vögel sind unserem Tun ausgeliefert, sie haben es verdient, dass sie ihre Bedürfnisse in unserer Obhut ausleben dürfen. Und ihr Bedürfnis ist sicher nicht, an einer Leine fliegen zu müssen, nur weil es UNS gefällt und wir noch meinen, dem Tier damit etwas Gutes zu tun.